So starten wir am ersten Tag sonntagfrüh um 7, um vier Stunden später nach relativ staufreier und problemloser Fahrt via Garmisch, Brenner und Cavalese die Wanderschuhe am Passo Manghen zu schnüren. Dort auf 2000m ist es erstaunlich frisch und sehr zugig, und so stolpern wir gut eingepackt Richtung Monte Ziolera.
Zunächst geht es gemütlich entlang des Hangs nach Süden, genau richtig zum Laufen-wiederlernen nach der langen Autofahrt, und dann steil hoch zur Forcella Frate. Dort stürmt es schon ganz ordentlich und wir haben Zweifel, den Gipfel über den Westgrat überhaupt zu erreichen. Doch der Grat ist breiter als gedacht und so stehen wir eine halbe Stunde später auf dem herrlichen Aussichtsgipfel. Im Süden geht der Blick Richtung Venetien, und im Norden grüssen Sella und Pala.
Über den Ostgrat steigen wir ab zur Forcella Ziolera wo der 100km/h Orkan uns mehrmals fast von den Füssen holt. Von der Forcella geht es steil hinunter zum Lago delle Buse, an dessen Ufer eine dünne Eisschicht die frostigen Temperaturen dokumentiert.
Nach einer weiteren Stunde sind wir gut durchgelüftet zurück am Pass, wo wir uns in der Baita Manghen mit Cappucino und Apfelstrudel wärmen und stärken. Die Fahrt zur Unterkunft Coronata Haus bei Borgo Valsugana dauert nur eine Stunde und so bleibt dort genügend Zeit zum Duschen und Ausruhen vor dem ordentlichen Holzofen-Pizza-Abendessen mit gutem Wein aus der Region (Pizzeria Centrale) in Borgo.
Am zweiten Tag brechen wir nach ausführlichem Frühstück (leider mit grauenhaft schlechten Kaffee) zum Klettersteig Via Ferrata G. Bertotti auf. Die Fahrt nach Roncogno ist recht flott, aber dann schickt uns Google Maps über den Wanderweg zum Passo Cimirlo. Dieser ist zwar für Fahrzeuge offen, doch wir sind ganz froh über unseren kompakten Allradler mit den 18cm Bodenfreiheit. So vergeht doch eine Stunde bevor wir ausgerüstet mit Klettergurt und Klettersteigsicherung uns über unzählige Serpentinen zum Einstieg hocharbeiten. Der kurze Steig beginnt mit einer Klammerleiter, und endet dann nach zwei grösseren Leitern leider gleich wieder. Doch die Aussicht am Ausstiegsgipfel hinunter nach Trient und hinüber zur Brenta ist sensationell.
Von dort verläuft der Weg durch schöne Buchenwälder nach Süden zur Marzola, dem eigentlichen Tagesziel.
Am Gipfel gönnen wir uns eine ordentliche Brotzeit, es ist warm und windstill, und die Aussicht zum leuchtend blauen Lago di Caldonazzo begeistert. Doch der Rückweg ist weit, und die Tage Ende Oktober schon recht kurz.
Vorsichtig steigen wir durch die Buchenwälder ab zum leider geschlossenen Rifugio Maranza wobei wir auf dem dicken, super-rutschigen Laubteppich höllisch aufpassen müssen, um nicht den steilen Bergwald hinunterzupurzeln. Von der Hütte ist es eine gefühlt unendlich lange 90 Minuten Wanderung zum Parkplatz, den wir bei einbrechender Dämmerung erreichen.
Borgo Valsugana im Abendlicht, gesehen aus unserem Zimmer im Coronata Haus. |
Zurück in Borgo belohnen wir uns für den langen Tag im Ristorante Pizzeria Sale & Pepe mit leckeren Nudeln und Risotto.
Für den dritten Tag hatten wir uns eine etwas alpinere Runde vorgenommen, - einen Teil des "Hohen Wegs des Granits", rund um die Costa Brunella oberhalb der Malga Sorgazza. Unterhalb der Seilbahn (in Winterpause) geht es schattig und frostig zum Stausee, der zu unserer Enttäuschung recht wenig Wasser hat. Doch die spiegelglatte Wasserfläche und die Granittürme der Cima Segura sind ein toller Hintergrund zum zweiten Frühstück.
Vom See steigen wir durch schön alpines Gelände hoch zur Forzellon de Rava zur Mittagspause in der wärmenden Sonne.
Eine leicht ansteigende Querung bringt uns leider im Schatten nach Norden zur Forcla Segura unterhalb der mächtigen Cima Quarazza. Von dort steigen wir steil ab und dann sehr lang am Hang entlang zur Forcella delle Buse Todescre, von wo es die 1000 Höhenmeter hinunter zur Malga Sorgazza geht.
Die grossartige, sehr einsame Landschaft mit der herrlichen Granitfelsen ist ein schöner Kontrast zum Kalkgestein der meisten Dolomiten-Gipfel. Hier gibt es noch viel zu entdecken, insbesondere die mächtige Cima d'Asta könnte ein weiterer Grund sein, bald wieder zurückzukehren.
Den Abend beenden wir mit einem hervorragenden Kastanien-Speck-Cestino(Pizza) in der Pizzeria Il Picchio in Roncegno.
Nach den ganzen Bergwanderungen ruft am vierten Tag morgens die Kunst: die artesella zeigt rund um die Villa Strobele interessante Skulpturen und Installationen, die sich schön in den Wald des Bergtals integrieren. Der Rundkurs um die Villa und die Installationen im angrenzenden Wald ist kostenlos und in einer halben Autostunde vom Coronata Haus zu erreichen.
Das Ganze ist eine grossartige Sache die unbedingt einen Besuch lohnt. Wir schenken uns allerdings den kostenpflichtigen und wahrscheinlich mindestens genauso sehenswerten Teil der Ausstellung, und wenden uns wieder ernsteren Themen zu: der Klettersteig Rio Secco im Etschtal etwas nördlich von Trient.
Doch bevor wir uns in luftige Höhen aufmachen, genehmigen wir uns in der Pizzeria Cadino Nudeln und Gnocchi, um dann so beschwert den überraschend langen Anstieg zum Sportklettersteig anzugehen. Ab und zu lässt der Bergwald einen Blick auf das Etschtal zu, bevor die ersten Eisen etwas mehr Aufmerksamkeit einfordern.
Die Schwierigkeit des Steigs liegt bei C/D und dementsprechend muss man ab und zu schon fester anpacken.
Eine Besonderheit sind tausende von Steinmännchen im Bachbett des Rio Secco, die vermutlich in der Hauptsaison von den im Stau wartenden Kletterern aus Langeweile errichtet werden. Doch heute sind ausser uns nur ganz wenige Abenteurer unterwegs, und so kommen wir flott voran, mit lustigen Kraxeleinlagen unterwegs.
Nach 400 Höhenmeter hat der Spass ein Ende, und dann geht es über den Wanderweg supersteil zurück nach Cadino. Noch ein paar drahtseilversicherte Kletterstellen und eine Leiter müssen überwunden werden, bevor wir bei Sonnenuntergang am Parkplatz eintreffen.
Erwartungsgemäss hat es bei Bozen einen ordentlichen Stau mit mehrheitlich Münchner Beteiligung, aber ansonsten verläuft die Rückfahrt recht unproblematisch. Hervorzuheben ist das recht gute Abendessen in Sterzing im Restaurant Lilie. Gegen 23 Uhr sind wir daheim in München, vollgepackt mit schönen Erinnerungen an diesen göttlichen Spätherbstausflug.
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